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Statement zur Repression von Palästinasolidarität

Statement zur Repression von Palästinasolidarität

Während Habeck in seinem Statement vom 01. November behauptete, dass Israel natürlich kritisiert werden dürfe, erfahren faktisch alle israelkritischen Stimmen Repressionen, welche sich in verschiedenen Facetten zeigen.

Während proisraelische Demonstrationen von der Regierung unterstützt werden, kam es immer wieder zu willkürlichen Demonstrationsverboten von propalästinensischen Demos überall in Deutschland. Bei vielen Demos, die stattfinden, werden Kufiya und Palästinaflaggen verboten. Es kommt zu  unverhältnismäßig hoher Polizeipräsenz und Einsatz von Gewalt, verschärften Auflagen, Racial Profiling und Verhaftungen (sogar von Kindern). Dies wird damit begründet, dass diese Veranstaltungen Gefahr liefen, antisemitische Äußerungen beinhalten zu können. Antisemitismus in seinen verschiedenen Formen stellen wir uns entschieden entgegen, ebenso wie die palästinensischen wie jüdischen Gruppen, die aktuell oft zu Demos aufrufen. Ein pauschales Verbot ist nicht akzeptabel, verhindert eine gesellschaftliche Debatte und verhindert zudem, dass Menschen in der aktuellen Situation ihre Trauer und ihre Wut über Kriegsverbrechen auf die Straße tragen können.

 

Hierbei entlarvt sich das System und die Regierung als rassistisch und doppelmoralisch. Denn während arabischen und muslimischen Menschen pauschal & fälschlich unterstellt wird, sie seien kollektiv Antisemit*innen, dürfen extrem Rechte und Neonazis demonstrieren, die sich tatsächlich antisemitisch äußern (dabei wird sich ironischerweise auf die Meinungsfreiheit berufen). Auch bei Demos von Corona Leugner*innen kam es immer wieder zu Holocaustrelativierungen- und verleumdungen, diese Demos wurden auch nicht verboten. Mittlerweile soll sogar die Parole “From the river to the sea” laut dem Bundesinnenministerium genauso behandelt werden wie zum Beispiel das Hakenkreuz. Das ist eine absurde Diskursverschiebung und stellt die Forderung nach Freiheit – und im Fall der Parole die Forderung nach einem würdevollen Leben sowohl für jüdische wie palästinensische Menschen in der Region – pauschal auf eine Stufe mit Antisemitismus und Nationalsozialismus (Quelle: Jüdische Stimme). So wurden zuletzt auch Schilder mit einer abgewandelten Version „From the river to the sea – we demand equality!“ verboten.

Eine differenzierte Auseinandersetzung ist auch hier das oberste Gebot, daran scheint die herrschende Politik jedoch kein Interesse zu haben, da ein pauschaler Vorwurf zu gut in ihr rassistisches Weltbild passt. Sieht so deine Erinnerungskultur aus, Deutschland? (1)

 

Das Verbot von Kufiyas gibt es auch an Berliner Schulen. Es werden in Schulen teilweise Fragebögen verteilt, die die Meinung der Schüler*innen zu diesem Krieg erfragen. Ein Schüler wurde sogar von einem Lehrer geschlagen, weil er sich propalästinensisch äußerte. Der Schüler wurde suspendiert, etwaige Konsequenzen gegen den Lehrer sind noch offen. (2) [1]Die Demo, die auf diesen Vorfall aufmerksam machen sollte, wurde ebenfalls verboten.

Indem vor „hoch emotionalen jungen Männern“[2], (3) die die Demos zu einem unsicheren Ort machen würden, gewarnt wird, wird einmal mehr das rassistische Bild von arabischen Männern verfestigt, das in deutschen Medien vorherrscht. Die demonstrierenden migrantisierten Menschen werden so kollektiv von einer Teilnahme am Diskurs ausgeschlossen, sie werden inhaltlich ignoriert, eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema wird ihnen abgesprochen.

 

Es ist erschreckend, mit welcher (unverhohlenen) Doppelmoral verschiedene Akteure, u.a. bürgerliche Medien, aber auch Politiker*innen agieren. Es ist perfide, dass Aiwanger, der noch vor wenigen Wochen selbst durch Antisemitismusvorwürfe gegen ihn Schlagzeilen machte (und anschließend mit Stimmenzuwachs belohnt wurde)[3], den Krieg in Nahost nutzt, um seine rassistische Agenda voranzutreiben. Politiker*innen sprechen von „importiertem Antisemitismus“. Antimuslimischer, antipalästinensischer und antiarabischer Rassismus wird so unter dem Deckmantel der Israelsolidarität und dem Kampf gegen den Antisemitismus salonfähig.  Die Regierung nutzt die Geschehnisse, um Abschiebungen schneller und einfacher über die Bühne zu bringen, Migrationsgesetze zu verschärfen und das Wegfallen von Sozialleistungen für geflüchtete Menschen zu zementieren. All das, während sie sich selbst als moralisch überlegen inszeniert, von Waffenexporten nach Israel und in alle Welt profitiert und sich bedingungslos solidarisch mit einem Staat und seinen Kriegsverbrechen zeigt.

 

Hetzkampagnen gegen Aktivist*innen

Im Rahmen dessen kommt es verstärkt zu medialen Hetzkampagnen gegen Gruppen, die sich palästinasolidarisch zeigen. Diese Hetze richtet sich vor allem aber auch gegen einzelne Aktivist*innen. Dabei handelt es sich meistens um nicht-weiße Personen, zum Beispiel die Klimagerechtigkeitsaktivist*innen Elisa Bas (@_elisabas) und Hasan (@migrantischewut). Besonders erschreckend daran ist, dass diese Stimmen nicht nur von Rechten kommen, sondern auch sich links nennende Journalist*innen sich an dieser Hetze beteiligen, diese teilweise sogar erst lostreten bzw. ermöglichen. „Linke“ Journalist*innen, die Klarnamen von migrantischen Aktivist*innen veröffentlichen, um diese zu diffamieren, provozieren damit ganz bewusst, dass diese psychischer, aber auch physischer Gewalt ausgesetzt werden. „Journalist*innen“ die szeneinterne Geschehnisse an bürgerliche Medien verkaufen und auf dem Rücken von migrantischen Aktivist*innen ihre Karriere pushen, sind keine Linken.

Auch Greta Thunberg, die sich für eine antikoloniale Klimagerechtigkeitsbewegung einsetzt, wird als Antisemitin diffamiert und erfährt deshalb den unzensierten Hass durch Israelunterstützer*innen und die gesamten deutschen Medien.

Wir stehen solidarisch hinter Elisa, Hasan, Greta und allen anderen, die sich für ein freies Palästina stark machen.

 

Social Media und andere Medien

Auch auf sozialen Netzwerken werden propalästinensische und israelischkritische Inhalte und Accounts eingeschränkt und zensiert. Ein Post der Journalistin Alena Jabarine auf der Plattform Instagram war nach wenigen Stunden online nicht mehr für Nutzer*innen mit deutscher Nummer sichtbar.[4] Der Beitrag handelte vom deutschen Umgang mit Antisemitismus.

Um so wichtiger ist, dass wir eben diese Inhalte unterstützen, indem wir auf sie reagieren, sie liken, speichern, an Freund*innen & Bekannte schicken und teilen.

Auch im Fernsehen spiegelt sich das ungleiche Kräfteverhältnis der Konfliktparteien wider. Nahezu in jeder Talkshow zum Thema sitzen Persönlichkeiten aus Israels Militär, Politik und Medienlandschaft oder ihre deutschen Interessenvertreter*innen, während man nach einem palästinensischen Pendant meistens vergebens sucht.[5]

 

Lage in Mainz

Die Gruppe Pride Rebellion hielt am 23. Oktober einen Vortrag an der Universität. In ihrem Statement vom 28. Oktober teilt die Gruppe mit, dass sie an der Tafel Nachrichten mit der Beschuldigung, dem “Judenhass Vorschub zu leisten” und die Hamas zu unterstützen, vorgefunden haben. (6)

Wir verurteilen diese Art und Weise, Kritik an der Gruppe zu äußern und verstehen dies als Einschüchterungsversuch propalästinensischer Positionen.

Am 21. Oktober teilte das Haus Mainusch auf Instagram ein Statement, in dem sie begründen, warum sie (ganz spontan) nicht länger Teil des von uns organisierten Kritischen Semesterstarts sein wollen. Sie begründeten das mit Statements zur aktuellen Situation in Israel/Palästina einiger Gruppen , die ebenfalls beim kritischen Semesterstart dabei sind. (7)

Gerade in Zeiten, die eine starke und geeinte Linke erfordern, sind wir enttäuscht vom Umgang mit-/untereinander, der sich alles andere als solidarisch gestaltet. Dies bedeutet nicht, dass wir alle die gleiche Meinung vertreten müssen. Es gibt auch Grenzen, von denen wir denken, sie sind nicht mit einer sozialistischen Position vereinbar. Wir wollen uns allerdings um eine kritische Auseinandersetzung bemühen, die sowohl Antisemitismus als auch Rassismus ernst nimmt, dabei jedoch nicht alle historischen wie antikolonialen Versuche der Einordnung pauschal als Relativierung abstempelt. Und vor allem nicht jede Kritik an Israel als Antisemitismus definiert. (8)

 

Was tun?

Während in Deutschland die Rechte immer weiter erstarkt, erdreistet sich ausgerechnet die AfD und auch andere rechte Akteure, die demokratische Einstellung einiger Hochschulgruppen aufgrund ihrer geäußerten Palästinasolidarität zu hinterfragen. (9)

Die ganze Situation zeigt einmal mehr, dass wir uns nicht auf die deutsche Berichterstattung verlassen und nicht auf staatliche Solidarität mit Unterdrückten und eine aktive Friedenspolitik hoffen dürfen. Stattdessen müssen wir uns weiter vernetzen, unser Wissen austauschen, uns gegenseitig den Rücken stärken und Bündnisse schmieden, um erfolgreich für ein Ende der Besatzung und für nachhaltigen Frieden in der Region und überall auf der Welt zu kämpfen.Wir müssen gegen den deutschen Imperialismus, seine Repression und seine Kriegsunterstützung kämpfen. Das bedeutet für ein Ende der Waffenlieferungen und für ein freies, säkulares, sozialistisches Palästina, in dem alle in Frieden zusammenleben können. Dabei muss auch auf die israelische Linke zugegangen werden. Denn wenn sich israelische und palästinensische Arbeiter*innenklasse vereinen, kann der revolutionäre Kampf Grundlage sein für Verständigung und diese Vereinigung, mit der islamistische oder zionistische Kräfte (die eben dies so fürchten) zu besiegen. Dabei ist es wichtiger denn je, sich menschenfeindlichen, rechten, rassistischen wie antisemitischen Kräften entschlossen entgegenzustellen und sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen. Bildet euch weiter, redet mit Freund*innen und organisiert oder besucht Demos in eurer Stadt. Wir sehen uns auf der Straße. Feuer und Flamme der Repression! Free Palestine!

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